Dienstag, 15. November 2022

Das war ja kaum zu glauben!



Das hätte ich ja kaum erwartet! Auf meinen an das MDR gerichteten Protest (siehe hier) kam tatsächlich eine Antwort.

Natürlich war der Inhalt, wie üblich inhaltslos und nichtssagend:

Sehr geehrter Herr Riedel,
vielen Dank für Ihre Nachricht und das damit verbundene Interesse am Mitteldeutschen Rundfunk.

Für die verspätete Beantwortung Ihrer Mail möchten wir uns zunächst ausdrücklich entschuldigen. Angesichts der Fülle der Zuschriften an den Mitteldeutschen Rundfunk ist die Bearbeitungszeit der eingehenden schriftlichen Anfragen im Publikumsservice, wie auch in den Redaktionen, gegenwärtig länger als üblich.

Dem Autoren des Films tut es sehr leid, zu erfahren, wie sich Herr Liebschner zu DDR Zeiten Ihnen gegenüber verhalten hat.

Für den Film “Die Dresdner Albertstadt“ aus der Reihe „Der Osten – Entdecke wo Du lebst“ hat die Redaktion Herrn Liebschner als Archivar und Mitarbeiter des Vereins zur Geschichte der Albertstadt und seiner Erforschung recherchiert und angefragt. Seine Funktion als ehemaliger Offizier der NVA wurde dabei im Beitrag transparent gemacht. Eine Abklärung seiner subjektiven Rolle während seiner Dienstzeit bei der NVA und ihrer Bewertung hätte die Recherche in diesem Kontext überfordert.

Trotzdem ist Ihre Kritik für die Redaktion Anlass, zukünftig bei der Auswahl von Protagonisten, gerade wenn es um solche Bereiche wie der NVA geht, sensibler und vorsichtiger zu verfahren.
Wir wünschen Ihnen alles Gute.

Freundliche Grüße
Bernd Doß

Ihr Team des MDR Publikumsservice




Hier meine Antwort darauf:

Sehr geehrter Herr Doß,

Vielen Dank für Ihre Antwort. Es ist zwar gut (für mich allerdings auch selbstverständlich), dass es dem Autoren des Filmes leid tut, wie Major Dieter Liebschner mit mir, aber auch mit anderen Wehrpflichtigen, umgegangen ist. Allerdings hätte ich dieses Bedauern gern von dem Autoren persönlich erfahren.
Meiner Meinung nach, macht das MDR es sich schon sehr einfach.
Was soll ich von den öffentlich rechtlichen Medien halten, wenn sie einerseits angestaubte und eher naive Winnetoufilme aus den sechziger Jahren vom Programm nehmen, weil man auf diese Art meint, ein Zeichen gegen das Unrecht an indigenen Völker setzen zu müssen, während Unrecht welches im eigenen Land (hier DDR Unrecht) noch immer ungesühnt bzw. unausgeglichen bleibt und dieser Mißstand von diesen öffentlich rechtlichen Medien noch nicht einmal thematisiert wird?
Was soll ich von einer Gesellschaft halten, in der ernsthaft darüber debattiert wird, ob Mohrenstraßen oder Mohrenapotheken umbenannt werden sollten, während die erst kurz zurück liegende deutsche Geschichte unaufgearbeitet bleibt und die berechtigten Forderungen der Opfer des DDR-REGIMES als nerviges Jammern abgetan werden?
Gerade die öffntlich rechtlichen Medien hätten hier die Pflicht sich bei diesen Themen besonders einzusetzen. Nur tun sie, gerade beim MDR, das ganze Gegenteil. (http://vm10-und-freunde.blogspot.com/2011/03/ddr-ahoi.html)
Ganz allgemein gab und gibt es hier seit 1989 schwere Versäumnisse in diesem Land (fehlender politischer Wille!?).
Ich habe eine öffentliche, ehrliche ergebnisorientierte Diskussion zum Thema DDR Vergangenheit bereits schon in den Neunzigern immer wieder in Briefen gefordert. Doch eine solche Diskussion war zu dieser Zeit alles andere als erwünscht.
Die Einen waren damit beschäftig die Werte, die es in der DDR durchaus gab, möglichst gewinnbringend in ihren Besitz zu bringen, die anderen suchten Wege, ihre Werte aus ihrer DDR Funktionärszeit möglichst schadlos über die Wende zu befördern. Da hätte die, Schuld und Sühne, Täter und Opfer, Diskussion nur den gewinnbringenden Ablauf gestört.
business as usuale
So sah der sogenannte Einigungsvertrag dann auch aus. Die Täter des DDR-Unrechtsstaats durften sich nun erfolgreich und lautstark auf „ihr“ Recht berufen - das Recht jenes Rechtsstaates, den sie die ganzen Jahre vorher verleugnet und bekämpft hatten. Die tonlosen Schreie der traumatisierten Opfer des DDR Terrors blieben weitestgehend ungehört.
Die mussten jetzt erst einmal in mühsamen Prozessen ihren Opferstatus nachweisen und die Straf- und Zwangsmaßnahmen kassieren lassen. Wenn sie überhaupt Beweise fanden und vorlegen konnten. Denn vieles war gar nicht aufgezeichnet, zugänglich oder es war einfach nur vernichtet worden.
Nun war es nicht nur eine Margot Honecker, die sich über eine gesicherter Altersversorgung freuen durfte. Es waren auch ehemalige NVA Offiziere, die völlig unkritisch von der Bundeswehr übernommen wurden, wie z.B. Major Dieter Liebschner.
Nur sehr wenige derjenigen, die sich gerade auf der mittleren oder unteren Ebene der Justiz und Verwaltung der DDR schuldig gemacht hatten, wurden aus den Amtsstuben entfernt. Sie gingen oder gehen ganz geruhsam ihren gesicherten Pensionen entgegen. In diesem Zusammenhang darf man sich schon fragen, wie man die Biografie der MDR Intendantin werten soll https://de.m.wikipedia.org/wiki/Karola_Wille. Harmlos ausgedrückt sorgt ihre DDR/SED-Mitläuferschaft, für ein auskömmliches Einkommen im Alter.
Anders bei uns, die wir uns dem SED-Unechtsregime entgegengestellt haben. Wir werden jetzt mit Altersarmut entlohnt.
Denn die späteren, nur sehr zögerlich auf den Weg gebrachten, sogenannten SED-Unrechtsbereinigungsgesetze waren, so zeigt es die Praxis, nicht das Papier wert auf dem sie geschrieben wurden. Jedenfalls habe ich dies bei der Beruflichen Rehabilitierung so erlebt.
Berufliche Förderungen durch um Jahre und Jahrzehnte verspäteter Weiterbildung, zielen am Arbeitsmarkt vorbei. Davon ganz abgesehen, dass sich einige Arbeitsagenturen in diesem Punkt taub, dumm, ignorant oder unwissend stellen.
Ausgleich bei Rentenansprüchen und Hilfe bei sozialer Bedürftigkeit wurden durch die Hartz Gesetze bzw. durch die Agenda 2010 ad absurdum geführt.
Ich habe dies selbst erleben dürfen, als ich krankheitsbedingt über ein Jahr ohne jegliches Einkommen war und mir im Frühjahr 2020 eine Erwerbsunfähigkeitsrente selbst vor dem Sozialgericht Nürnberg entgültig verweigert wurde.
Die im II. SED - Unrechtsbereinigungsgesetz versprochene Zuwendung bei sozialer Bedürftigkeit wurde mir trotz Antragstellung nicht gewährt. Da man eine Befürwortung des Antrags, unter anderem, wie bei jedem Sozialfall (Hartz IV), von der Beantwortung von Fragen abhängig macht die dort in einem solchem Fall nichts zu suchen haben.
Denn hier sollten nur zwei Fragen zulässig sein, die da wären:
1. Ist der Antragsteller Opfer im Sinne des II. SED - Unrechtsbereinigungsgesetz?
2. Hat der Antragsteller (nur er) derzeit ein monatliches Einkommen welches einen Betrag x unterschreitet?
Weitere, zum Teil entwürdigende, Fragen haben hier nichts zu suchen.
Wie es dann mit dem versprochenen Ausgleich bei den Rentenansprüchen ausehen würde, konnte ich nur abwarten bis es soweit sein würde. Im September 2021 war es soweit. Ich durfte, als Schwerbehinderter Mensch, mit den entsprechenden lebenslangen Abschlägen bei meiner Rente, die Rente wegen Schwerbehinderung beantragen.
Ich tat dies bei einer professionellen Rentenberaterin, die mir auf meine Nachfrage, nach dem Ausgleich durch Wiedergutmachung im Sinne des II. SED - Unrechtsbereinigungsgesetz, erläuterte, dass ich mich dadurch sogar schlechter stellen würde.
Nun frage ich: Ist das die gelebte soziale Demokratie in diesem Land oder gar gerecht?
So sah und sieht sie dann aus, die Vergangenheitsbewältigung, die Benennung von Schuld der Täter und Wiedergutmachung an den Opfern des DDR Staatsterrors. Sie fand und findet praktisch gar nicht statt. Für zu viele Opfer des DDR Staatsterrors sind inzwischen 32 Jahre nicht nachholbare Lebenszeit ins Land gegangen. Eine bittere Bilanz und ein Armutszeugnis für diese Gesellschaft.
Aus diesen Gründen habe ich noch immer keinerlei Verständnis für die schlampige Recherche bei Ihrer Sendung. Schnoddrig gesagt, kann ich mir für Ihre Entschuldigung nichts kaufen und lehne hiermit Ihre Bitte um Entschuldigung in einer derart Inhaltslosen E-Mail ab!
Wenn Sie sich über den Zusammenhang genauer informieren wollen, dann können Sie das hier: http://vm10-und-freunde.blogspot.com/2008/01/fr-immer-abgemustert.html

Viele Grüße

Hardy Riedel