Gerade in diesen Tagen sind sie wieder unterwegs – Die
Sonntagsredner mit ihren leeren Phrasen und Worthülsen.
Ausgerechnet dieser Bundespräsident stößt in diesem Herbst die Diskussion an, ob
die DDR ein Unrechtsstaat war oder nicht.
Man möge mir verzeihen, doch diese Diskussion kommt genau 25
Jahre zu spät. Eine solche Frage erst heute aufzuwerfen und zu diskutieren
halte ich lediglich für hirnrissige Flatulenzen einiger Möchtegernhistoriker,
die sich einen Platz in den Geschichtsbüchern oder wenigstens unter den
Sonntagsrednern ergattern wollen.
Herr Gauck sollte das eigentlich besser wissen. Diese
Diskussion hätte zwischen Mauerfall und dem Beitritt der ostdeutschen Länder
zum Bundesgebiet (von Deutscher Einheit kann und will ich an dieser Stelle
nicht sprechen) stattfinden müssen. Ich habe eine öffentliche, ehrliche
ergebnisorientierte Diskussion zum Thema DDR Vergangenheit in den Neunzigern
immer wieder in Briefen gefordert. Doch eine solche Diskussion war zu dieser
Zeit alles andere als erwünscht.
Die Einen waren damit beschäftig die Werte, die es in der
DDR durchaus gab, möglichst gewinnbringend in ihren Besitz zu bringen, die
anderen suchten Wege ihre Werte aus ihrer DDR Funktionärszeit möglichst schadlos über die Wende zu
befördern. Da hätte die Schuld und Sühne, Täter und Opfer - Diskussion nur den
gewinnbringenden Ablauf gestört.
business as usual
So sah der sogenannte Einigungsvertrag dann auch aus.
Die Täter des DDR-Unrechtsstaats durften sich nun
erfolgreich und lautstark auf „ihr“ Recht berufen, das Recht jenes
Rechtsstaates, den sie die ganzen Jahre vorher verleugnet und bekämpft hatten. Die
tonlosen Schreie der traumatisierten Opfer des DDR Terrors blieben
weitestgehend ungehört. Die mussten jetzt erst einmal in mühsamen Prozessen
ihren Opferstatus nachweisen und die Straf- und Zwangsmaßnahmen kassieren
lassen.
Es war aber nicht nur eine Margot
Honecker, die sich nun über eine gesicherter Altersversorgung freuen
durfte. Nur sehr wenige derjenigen, die sich gerade auf der mittleren oder
unteren Ebene der Justiz und Verwaltung der DDR schuldig gemacht hatten, wurden
aus den Amtsstuben entfernt. Sie gingen oder gehen gerade jetzt ganz geruhsam
ihren gesicherten Pensionen entgegen.
Die späteren nur sehr zögerlich auf den Weg gebrachten,
sogenannten SED-Unrechtsbereinigungsgesetze waren, so zeigt es die Praxis,
nicht das Papier wert auf dem sie geschrieben wurden.
Jedenfalls habe ich dies bei der Beruflichen Rehabilitierung
so erlebt. Berufliche Förderungen durch um Jahre und Jahrzehnte verspäteter
Weiterbildung, zielen am Arbeitsmarkt
vorbei. Davon ganz abgesehen, dass sich einige Arbeitsagenturen in diesem Punkt
taub, dumm, ignorant oder unwissend stellen.
Ausgleich bei Rentenansprüchen und Hilfe bei sozialer
Bedürftigkeit wurden durch die Hartz Gesetze bzw. durch die Agenda 2010 ad
absurdum geführt.
So sah und sieht sie dann aus, die
Vergangenheitsbewältigung, die Benennung von Schuld und die Wiedergutmachung an
den Opfern des DDR Staatsterrors. Sie fand und findet praktisch gar nicht
statt. Jetzt braucht man auch nicht mehr damit anfangen. Für uns Opfer sind 25
Jahre nicht nachholbare Lebenszeit ins Land gegangen. Da kann eine solche
Diskussion wirklich nur noch akademisch sein.
Wenn man dem Bundespräsidenten Joachim Gauck zu diesem Thema
schreibt, ich tat dies letztmalig im Herbst 2012 als die Sonntagsreden zum
Thema immer unerträglicher wurden, bekommt man einen, von einer höheren Präsidialangestellten, höflich
formulierten Brief, der kaum auf das Thema eingeht und mit dem man nur sehr
wenig anfangen kann. Immerhin wies sie
mich auf eine sogenannte Enquete-Kommission
zum Thema hin.
Auch wenn sich dort im Stiftungsvorstand und im Stiftungsrat
einige alte Namen aus der Wendezeit finden lassen, so erschließt sich mir nicht
der Nutzen dieser gut dotierten Stiftung.
Wenn man denen schreibt bekommt man keine Antwort oder man
gerät an eine unbezahlte Praktikantin, die man dazu verdonnert hat, die E-Mails
zu sortieren, die aber sonst keinerlei Aussage treffen kann oder darf. Am
besten war die Antwort eines auf Abwesenheit programmierten E-Mails Accounts,
der mir versprach innerhalb kürzester Zeit sich meines Anliegens zu widmen und
sich dann wieder zu melden. Das ist jetzt schon bald zwei Jahre her.
Heute jährt sich zum 32. Mal der Tag an dem ich in
Sippenhaft genommen wurde! Die ganze Geschichte findet man hier: http://vm10-und-freunde.blogspot.de/2008/01/fr-immer-abgemustert.html
„Sippenhaft“ – Was kann man, was soll man sich darunter
vorstellen? Ich möchte dies mal an zwei Beispielen erklären, die gerade andersherum
liefen. Bei denen es eben nicht zur Sippenhaft kam, obwohl sie angedroht oder
durchaus vorstellbar gewesen wäre. Was
wäre wohl aus dem Sohn
von Erwin
Rommel geworden, wenn Rommel sich nicht selbst getötet hätte. Nur so
entging seine Familie der bereits angedrohten Sippenhaft.
Der Sohn eines hohen Wehrmachtsoffiziers
in unmittelbarer Nähe von Adolf Hitler, der Neffe eines Stasi Agenten
und Cousin des IM
Czerny ist heute Bundesinnenminister. Ich will das an dieser Stelle gar
nicht werten. Ich will nur allen vor Augen führen, was Sippenhaftung in diesen
beiden Fällen hätte anrichten können. Diese beiden Herren können unendlich
dafür dankbar sein, dass sie Sippenhaftung nicht erleben mussten.
Mich jedoch hat die ganze Härte und Breitseite jener unmenschlichen
ungerechten Sippenhaftung getroffen. Die Folgen wirken noch heute unvermindert
fort. Eine Benennung der Schuld, eine Entschuldigung oder gar eine angemessene
Wiedergutmachung wird es für mich nicht mehr geben. Ich stehe hier und heute
vor meinem beruflichen Scherbenhaufen. Niemand wird mir helfen.
Jetzt mit 55 Jahren, wo mir auf Grund der langjährigen
körperlich harten Arbeit und des nicht aufgearbeiteten Traumas ganz allmählich
die Gesundheit abhandenkommt, verweigert mir die Knappschaft – Bahn – See
willkürlich die notwendigen Behandlungen und gesundheitlichen Rehabilitationsmaßnahmen.
Nein! Ich bin nicht neidisch auf die, die es besser
getroffen haben.
Nein! Ich bin nicht frustriert!
Nein! Ich bin nicht Verbittert!
Nein! Ich bin nur WÜTENT und ich KLAGE AN!
Hardy Riedel