Während heute die neuen Erfolge der Bundesregierung im Bereich Arbeitslosenzahlen gefeiert werden, hat das Landessozialgericht in Hessen einen sehr wichtigen Schritt in Richtung soziale Gerechtigkeit getan.
Der Vorsitzende Richter Jürgen Borchert hatte die Klage einer dreiköpfigen Familie auf dem Tisch. Dieser wurde von der Agentur für Arbeit seit 2005 insgesamt 830 Euro zugesprochen. Es wurden von einem Gericht endlich mal konkrete Punkte in einer sechsstündigen Verhandlung erörtert.
Erstens wurden die Berechnungsmethoden des Gesetzgebers in Frage gestellt, dazu lagen auch vier wichtige Gutachten vor. Auf Grund derer kam das Gericht zu der Entscheidung, die Regelleistungen berücksichtigen den besonderen Bedarf von Familien mit Kindern nicht. So wurden Kinder bisher immer mit 60 Prozent des Regelsatzes eines Erwachsenen abgefertigt. Im Falle der mutigen Familie, die den Prozess angestrengt hat, heißt das, der Vater erhält 311 Euro, die Mutter ebenso und die Tochter mit 14 Jahren bekommt 207 Euro und das bei den Kosten alleine für Schulmaterialien. Bei uns heißt das dann wohl Kinderfreundlichkeit und Investitionen in die Zukunft, so erzählen uns ja das jedenfalls die Politiker immer bei der Diskussion um den Bildungsnotstand in unserer Gesellschaft. Verstehen kann man das nicht, wenn man dann von solchen Lebensumständen einer Familie mit Kind erfährt.
Das Gericht verwies dabei auf den entscheidenden Punkt, in dem es ausführte, weshalb 14- jährige Kinder trotz höheren Bedarfs die gleiche Summe erhielten wie Neugeborene. Schon 1998 hat das Bundesverfassungsgericht bei der Überprüfung der Steuerfreibeträge den damals geltenden Regelsatz für Kinder beanstandet, weil dieser zum Beispiel den außerschulischen Bildungsbedarf auch nicht berücksichtige, und das dann heute umgerechnet auf den Euro, dann weiß man, was Leben in Deutschland heißt, wenn man jung und arm ist.
Drittens zitierte der Richter in der Verhandlung, zu dem auch ein Vertreter der Bundesregierung gekommen ist, die Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes, nachdem ein Schutz des Existenzminimums ohne wenn und aber, also Einschränkung gefordert wird. Und weiterhin seien laut Richter Jürgen Borchert die Regelsatzrichtlinien der Bundesregierung mit den Grundwerten Menschenwürde, Gleichheitsgebot und sozialer Rechtsstaat nicht vereinbar.
Ein mutiger Richter und man kann nur hoffen, das Bundesverfassungsgericht – dieses beschäftigt sich jetzt wohl in dem Zusammenhang mit dem Punkt der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgeber bei der Hilfe für Bedürftige, also Menschen wie Du und Ich - wird bei seiner Prüfung der Regelsatzleistungen von dem gleichen Grundsatz der Achtung der Würde des Menschen nach Artikel 1 des GG ausgehen, auch wenn es um ein 14-jähriges Mädchen geht. Und wenn die Prozessführer clever sind und das Bundesverfassungsgericht mal wieder im Land der Landesbankskandale und Rettungspakete blind sein sollte, so gibt es ja noch die nächst höhere Instanz, die des EU-Gerichtshofes.
Quelle:
Az. L 6 AS 336/07)
http://www.elo-forum.net/hartz-iv/hartz-iv/-200810292035.html
http://www.scharf-links.de/57.0.html?&tx_ttnews[tt_news]=2758&tx_ttnews[backPid]=56&cHash=7f98029e24
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen