„Denken heißt vergleichen!“
Walther Rathenau
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
da hört man doch schon wieder im Bezug auf die Affäre um
Bundespräsident Christian Wulff, den Begriff „Typisch deutsche Neiddiskussion“
Können sie sich vorstellen, dass ein Millionär einem
einfachen Schlosser einen extrem günstigen Kredit von 500 000€ für den Bau
seines Hauses einräumt?
Können sie sich weiterhin vorstellen, dass ein VW Top Manager einen
Arbeitslosen zu einem Geschäftsessen, mit allem drum und dran a la Hartz,
einlädt?
Können sie sich vorstellen, dass ein „Hartz-Aufstocker“, der
40 Stunden die Woche arbeitet, von einem Gönner zu Weihnachten eine Kiste
französischen Cognac geschickt bekommt?
Können sie sich auch vorstellen, dass ein älterer
Langzeitarbeitsloser, der gerade all seine Ersparnisse aufbrauchen muss, von einem
umstrittenen Finanzjongleur in dessen Ferienanlage zum Urlaubmachen eingeladen
wird?
Also ich kann mir das nur sehr schlecht vorstellen. Warum
nur? Bitte korrigieren sie mich hier, wenn sie eine andere Antwort als die
meine haben.
Also ich sage:
„Diese Dinge passieren nicht, weil die „allzu
edlen“ Spender sich von dem oben genannten Personenkreis keine Vorteile
versprechen.“
Gerade das ist der Grund weshalb es sich bei der Diskussion
um diese Affäre um keine „Neiddiskussion“ handelt.
Wo hört Gefälligkeit auf – wo fängt Korruption an?
Wo hört Rat auf – wo fängt Einflussnahme an?
Gerade weil man das nicht so genau sagen kann gibt es
entsprechende Gesetze. Auch und vielleicht gerade in Niedersachsen.
„Denken heißt vergleichen!“
Wissen sie was mit
einem Arbeitslosen passieren kann, der einmal im Jahr sich zwei Nächte um die
Ohren schlägt, in einem Supermarkt bei der nächtlichen Inventur hilft und dafür
70 € erhält und dies auch noch vorschriftsmäßig meldet?
Er wird ganz
automatisch von der Bundesarmutsagentur unter den Generalverdacht gestellt mit
noch mehr Schwarzarbeit den „Sozialstaat“ zu betrügen. Der Arbeitslose muss
sich erklären und mit seiner Unterschrift versichern, wirklich nur 70 €
erhalten zu haben.
Wissen sie was einem
Arbeitnehmer passieren kann, wenn er bei seinem Arbeitgeber bereits schon auf
der berühmten „Abschussliste“ steht und er sich im Stress aus Versehen bei
einer Kassenabrechnung um 3,50 € verrechnet?
Er bekommt eine
fristlose Kündigung, mit der Begründung, dass das Vertrauensverhältnis zum
Arbeitgeber nachhaltig gestört ist und
eine Weiterbeschäftigung jenes Mitarbeiters dem Arbeitgeber nicht weiter
zuzumuten sei. Zusätzlich wird er dann für drei Monate von der Leistung der
Agentur für Arbeit gesperrt, weil er schuldhaft diese Kündigung herbeigeführt
hat. Jedes Arbeitsgericht wird die fristlose Kündigung für rechtmäßig erklären.
Aber niemand fragt
den Arbeitnehmer, was er von seinem Vertrauensverhältnis zu seinem Arbeitgeber
hält, nachdem jener Arbeitnehmer feststellen muss, dass ihm zwar alle
Sozialbeiträge von seinem Lohn abgezogen wurden sind, jedoch diese bei den
Kassen nie ankamen und er auch sonst seinem Geld immer wieder nachlaufen muss.
Verdient ein
niedersächsischer Ministerpräsident denn wirklich nur so wenig, dass er sich
einen marktüblichen Kredit für sein Haus nicht leisten kann?
Also was ist jetzt
mit dem Vertrauensverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer Wulff und seinem
Arbeitgeber, dem Deutsche Volk, nachdem Herr Wulf seine diversen Vorteile, aber
eben erst nachdem man ihm auf die Schliche gekommen ist, so nach und nach
preisgibt?
„Sie predigen Wasser und saufen Wein“
Genau diese Heuchelei ist es, die das Amt des Deutschen
Bundespräsidenten, durch das Verhalten von Herrn Wulff beschädigt.
Schon vor vielen hundert Jahren hat eine solche Haltung der
damals Federführenden, gerade in Zeiten wachsender Armut, zur dauerhaften
Kirchenspaltung und in deren Folge zu grausamen langen Kriegen, die Europa
stark entvölkerten, geführt.
Glauben sie
bloß nicht, dass sich das in heutiger Zeit nicht wiederholen kann.
Die
Demokratie wird nicht nur vom nationalen und Internationalen Terror bedroht.
Sondern auch von grenzenloser Gier nach Macht und Geld.
Dennoch stehen einem Deutschen Bundespräsidenten solche
juristischen Spitzfindigkeiten eher schlecht zu Gesicht.
Wenn es wirklich so ist, dass Herr Wulff nur darüber etwas
sagt, wonach er direkt gefragt wird, dann frage ich mich schon, ob es nicht
auch besser wäre, Herrn Wulff noch einmal
ganz konkrete Fragen in der VW Affäre um Herrn Hartz zu stellen. Vielleicht weiß Herr Wulff in dieser Sache mehr als er bisher gesagt hat. Aber niemand hat ihn bisher direkt danach gefragt.
Die zweite Chance
Man darf schon
gespannt sein, in welche Richtung sich diese Angelegenheit bis zum Ende des
Jahres entwickelt.
Im Übrigen bin ich
nur für einen Rücktritt von Herrn Wulff ohne Anspruch eines sonst üblichen
lebenslangen Ehrensolds. Den hätte er sich dann wirklich nicht verdient.
Mir ist zum Beispiel
nicht bekannt, dass er in seiner Amtszeit irgendwann einmal „eine Lanze“, für
ältere Langzeitarbeitslose, Leiharbeiter mit einem Lohn unterhalb der
Armutsgrenze, einen „Hartz Aufstocker“ oder anderer Menschen in prekärer
Einkommenssituation, „gebrochen“ hätte.
Er wird sicherlich nicht in eine solch prekäre Einkommenssituation
kommen. Selbst wenn er auf den „Ehren“sold eines Ex Bundespräsidenten
verzichten müsste.
Aber wie schon so oft in der Vergangenheit erlebt, wird man
für ihn, bestenfalls nach entsprechenden Reuebezeugungen, eine „Zweite Chance“
fordern.
Euer Pelias