Donnerstag, 6. März 2008

Gestern „Wanderarbeiter“ - Heute „Leiharbeiter“ / Ein Verstoß gegen die Menschenrechte!

Artikel 23.
(1) Jeder Mensch hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf angemessene und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz gegen Arbeitslosigkeit.
(2) Alle Menschen haben ohne jede unterschiedliche Behandlung das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit.
(3) Jeder Mensch, der arbeitet, hat das Recht auf angemessene und befriedigende Entlohnung, die ihm und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert und die, wenn nötig, durch andere soziale Schutzmaßnahmen zu ergänzen ist.
(4) Jeder hat das Recht, zum Schutz seiner Interessen Gewerkschaften zu bilden und solchen beizutreten.

In der Sendung „Frontal 21“ vom 4.März 2008 des ZDF wird in aller Deutlichkeit gesagt, welche Chancen die Leiharbeit für den Leiharbeitnehmer bietet und vor Allem, welche Chancen Leiharbeit nicht bietet.
Ein von den Leiharbeitgebern oft als Vorzug gepriesener Vorteil der Leiharbeit, nämlich die große Chance der Übernahme in eine Festanstellung, wird gerade durch die jüngsten Entwicklungen bei BMW, Siemens und Henkel, eindeutig widerlegt.
So sagt Claudia Weinkopf vom Institut für Arbeit und Qualifikation in Gelsenkirchen:
„Wir wissen aus statistischen Auswertungen, dass es etwa 15 Prozent vielleicht sind, die direkt in einem Betrieb, in dem sie vorher als Leiharbeitskräfte eingesetzt waren, übernommen werden, also ein relativ geringer Anteil.“
Sicherlich ist es richtig, dass Leiharbeit in Bezug auf Produktions- und Nachfragespitzen, ein gutes Argument für Arbeitgeber ist auf Leiharbeit zurückzugreifen.
Doch bei einer dauerhaften (im dargestellten Fall BMW - 5 Jahre) der gleichen Leiharbeitnehmer, kann man wohl eher nicht mehr von marktabhängigen Produktionsspitzen sprechen.
Vielmehr hat hier die Verantwortungslosigkeit der Arbeitgeber wie auch der Betriebsräte dieser nachfragenden Firmen, gegenüber allen Arbeitnehmern um sich gegriffen.

Für einen Staat, der sich als Staat der sozialen Marktwirtschaft sieht und der sich nach wie vor als einen solchen bezeichnet, sollte gelten: Wenn ich, als Arbeitgeber, die Arbeitsleistung von Arbeitnehmern abfrage, so muss ich auch zu jenen Arbeitnehmern stehen, meine Fürsorgepflicht wahrnehmen und für sie Verantwortung tragen.
Auch müssen allen Arbeitnehmern (Festangestellten und Leiharbeitnehmern) die gleichen Rechte und vor Allem die gleiche Bezahlung gewährt werden. Dies gebietet schon eindeutig der, oben zitierte, Artikel 23 der Menschenrechte.

Doch die gelebte Praxis sieht anders aus. Denn der, an und für sich vernünftige, Grundgedanke der Leiharbeit wird hier und heute durch viele Deutsche Arbeitgeber massiv missbraucht und so ad absurdum geführt.

Schlimmste Anwendung hierbei ist die Praxis der Agentur für Arbeit, Arbeitlose in Leiharbeit zu zwingen. Dabei die Zumutbarkeitsregeln so weit zu interpretieren, dass man einem Arbeitslosen, bei Weigerung eine Leiharbeit anzunehmen, die Leistungen streicht.
Ein klarer Verstoß gegen den Artikel 23 der Menschenrechte.

Vor diesem Hintergrund sollte gelten: Wenn Leiharbeit notwendig und der Marktsituation entsprechend vernünftig ist, dann muss ein unmissverständliches Reglement hierfür geschaffen und durchgesetzt werden, welches Missbrauch ausschließt.
  • Grundvorausätzung können hierbei nur die gleichen Bedingungen für Leiharbeitnehmer im Vergleich mit Festangestellten sein.
  • Leiharbeit darf nur in einem vernünftigen Rahmen befristet abgerufen werden.
  • Die Agenturen für Arbeit dürfen keine Arbeitslosen in die Leiharbeit zwingen.

Dies sollte eigentlich im Interesse aller und vor allen Dingen im Sinne der Gewerkschaften, der Betriebsräte der abfragenden Firmen und aller Festangestellten sein.

Dem Grundsatz: „Leben und leben lassen!“ sollte wieder in allen Bereichen der Gesellschaft Geltung verschafft werden. Dann würde diese Gesellschaft auch wieder als gerecht empfunden werden. Man bräuchte sich dann nicht, seitens der „großen Volksparteien“, derart lächerlich machen und ein kommunistisches Schreckgespenst an die Wand malen.

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1 Kommentar:

Harry Gambler hat gesagt…

Leiharbeit

Schon rechtlich ist die Leiharbeit bedenklich, denn ver- oder geliehen werden kann ein Gegenstand, so die Definitionen dieses Rechtstaates selber in seinen Regelungen im Privatrecht. Doch es geht um mehr, es geht um die seit den 80er Jahren von Hardlinern der Industrie geforderten „Kapazität variabler Arbeitszeit“. Das heißt, der „Personalkörper“ wird laufend und nach den Ergebnissen der monatlichen „Cash and Flow Analyse“ angepasst. Sinkt das Betriebsergebnis, wird umgehend der Personalstand reduziert. Menschen sind der einzige flexible Faktor in diesem Wahnsinnssystem, denn weder Maschinen noch Grundstücke können innerhalb von Tagen zurückgegeben werden. Menschen ja, einfach zurück zum Verleiher, ohne Kündigungsfrist oder Schutz.
Und dafür erhalten die Verleihfirmen fast 50 % des Bruttolohnes der Verleihkraft ein, ein dickes Paket somit, und die Arbeitsagenturen als moderne „Hehler“ mischen da voll mit, den ihre ungelernten „Fallmanager“ kommen ja aus den tiefen Katakomben der bisher privatisierten großen staatlichen Betriebe wie Telekom und Post. Sind selber fast schon zur Leihware geworden, und haben jetzt die letzte Chance auf einem Anderen „herum zu trampeln“, bevor sie dann mit 55 in die Frührente entsorgt werden.
Dieses Spiel der neuen „flexiblen Arbeitskräfte“ war eigentlich von Anfang an das Ziel der Hartz IV Philosophie, die anderen haben es Billiglohnsektor genannt und was es sonst für Stilblüten gab. Und Hartz IV kommt aus der Ecke Rot und Grün, da können sich diese Damen und Herren wenden wie sie wollen. Verändert an dem Modell wird eh nichts mehr.
Nun, was bleibt den Menschen in diesem Lohndumpingspiel übrig? Ich denke es muss die Frage der Genossenschaft neu überdacht werden und in das neue Jahrtausend gerettet werden. Das heißt in Schlagworten, es werden sich Genossenschaften der Verleihkräfte gründen müssen, kleiner Beitrag, große Wirkung. Die Genossenschaft betreut die Verleihkräfte und bezahlt Ihnen fast den gesamten Lohn aus, den diese vom Arbeitgeber bekommen, also etwa 90 %. Nur noch so ist augenblicklich eine kurzfristige Lösung möglich.
Der Rest ist Frage einer generellen Verfassung oder eines Grundgesetzes, das einmal wirklich in den Mittelpunkt dieser Gesellschaft gestellt wird, schon alleine der zentrale Wert der „Würde des Menschen“.